Der heutige Erfolg rechtsextremer Parteien und Bewegungen hängt nicht von der Stichhaltigkeit ihrer Positionen ab. Die rationale Qualität ihrer Argumente ist kein Kriterium, mit dem sie ihr Publikum erreichen, im Gegenteil. Sie arbeiten mit Mythen, Suggestionen, Emotionen und dem so genannten “gesunden Menschenverstand”, Kategorien, die auf einer anderen Ebene wirken als rationale, stichhaltige Argumente.
In den Kommentaren zu meinem letzten Artikel Ethnokulturelle Identität und Rechtsextremismus wurde häufig nach einer Gegenstrategie zur Verschiebung des Overton-Fensters durch Rechtsextreme gefragt. Zur Erinnerung: Das sogenannte Overton-Fenster definiert die Bandbreite der Aussagen, die in einem Diskurs gesellschaftlich akzeptiert werden. Radikale oder undenkbare Aussagen liegen am Rande oder außerhalb des Overton-Fensters.
In seinem Buch “Regime Change von rechts” benennt Martin Sellner, einer der Protegés von Götz Kubitschek und Chef der Identitären Bewegung in Österreich, als Hauptziel rechter Politik die Bewahrung der sogenannten ethnokulturellen Identität. Wenn Sellner von rechter Politik spricht, meint er natürlich nicht Konservatismus oder Rechtspopulismus, sondern immer rechtsextreme Politik. Sellner erläutert in seinem Buch die verschiedenen Leitstrategien und Strategien – aber auch so genannte Nichtstrategien – um dieses Hauptziel zu erreichen, aber um diese Strategien soll es hier nicht gehen. Was Sellner (bewusst) nicht tut, ist die Klärung des Begriffs ethokulturelle Identität. Was verbirgt sich eigentlich dahinter, wenn dies das Hauptziel rechter Politik sein soll?